Obscure Shit No 19: Der Macho Man schlägt zu!

Heute geht es hier um einen Film, der nicht gänzlich unbekannt sein dürfte. Wir begeben uns dabei zum „schönen René“ ins beschauliche Nürnberg der 80er-Jahre. Und wie es dort auf dem Kiez so abgeht, konnte man 2017 auf Tele 5 bei SchleFaZ beglotzachten. Ich hab den Film, der in seiner Heimatstadt Kult ist, das erste Mal seit langem und nüchtern gesehen. Und das ist ein Erlebnis, das es allemal wert ist, davon zu berichten.

Macho Man Titel

MACHO MAN (1985)

Es begab sich zu der Zeit am Abend, als Boxweltmeister Danny Wagner (René Weller) vom Training nach Hause schlenderte, als auf seinem Weg ein paar finstere Gestalten eine blonde, junge Frau dazu drängen wollen, sich intravenös Drogen einzuflößen. Ganz Gentleman vertrimmt der Sportsmann die Fieslinge und bringt die holde Dame, Sandra (Bea Fiedler) ist ihr Name, sicher heim. Da nun erste Bande geknüpft sind, verabreden sie sich für den übermorgigen Abend zum Breakdance Event der örtlichen Discothek. Danny scheint das Verbrechen geradezu magisch anzuziehen, denn kaum betritt er am nächsten Tag eine Bank, stürmen einige bewaffnete Männer herein, das Geldinstitut auszuräubern. Doch zum Glück ist nicht nur unser schlagkräftiger Held anwesend, der Karate-Crack Andreas Arnold (Peter Althof) wollte sich gerade auch wieder mit etwas Kleingeld eindecken. Zusammen geben sie den Gangstern Saures und gehen anschließend wieder getrennte Wege.

Macho Man Kampf
Ruhm, Glamour, Groupies – nicht in Nürnberg…

Da Andreas ein Wehwehchen plagt, ist er nachmittags bei Dr. Fischer, dem Arzt, dem Kampfsportler vertrauen. Denn der werte Mediziner ist nebenher noch Ringarzt und lädt Andreas ein, doch mit seiner neuen Sekretärin, welche sich als Sandra entpuppt, am Abend gemeinsam den Kampf von Danny beizuwohnen. Sie haben eine nette Zeit, trinken, reden und lachen, während sich Danny vor ihnen im Ring abmüht – für den Kampf eines Weltmeisters ist auch erstaunlich wenig los, aber gut, das waren die 80er, der Weller ein Leichtgewicht, da hat vielleicht auch eh kein Hahn nach gekräht (ins Kino hat sich später auch kaum jemand verirrt). Ein weiteres Date am nächsten Tag lehnt Sandra darauf aber ab, da sie ja schon zum Breakdance Event mit Danny verabredet ist.

Macho Man Banküberfall
Mit René und Peter gibt es keine Hundstage…

Dann muss Andreas halt mit Lisa vorlieb nehmen, die ganz heiß auf Karate und deren Trainer ist. Am Abend in der Disco, bei einem Auftritt von Captain Hollywood (yeah!), kreuzen sich dann die Wege von Danny und Andreas. Nach kurzem Beschnüffeln und mürrischem Raunen hat Andreas die großartige Idee, sich mit Pornobalken Danny im Kampf messen zu wollen, was auch der für töfte hält. Also wird flugs ein Termin angesetzt und beide stürzen sich ins Training. Doch Danny fällt dann wieder ein, das man ja eigentlich besser gefahren ist, als man seine Kräfte gebündelt und nicht gekreuzt hatte. Er verklickert Andreas, dass man zusammen etwas gegen die bösen Drogensüchtigmacher unternehmen sollte. Kurzerhand wird ein Bündnis geschlossen und die Übereinkunft getroffen, den anstehenden Kampf ganz professionell unter rein sportlichen Aspekten anzugehen (hm, was hatten die sonst vor?) und danach dem Gesocks in den Arsch zu treten…

Macho Man René und Bea
Charmeure – einer…

Weller – René, nicht Peter

Okay, ich hab hier jetzt vielleicht ein bisschen viel vertellt, aber mit MACHO MAN ist es eh so, man kennt ihn und liebt ihn, oder man kann ihn nicht leiden. Oder beides. Und wer ihn noch nicht gesehen und jetzt Lust bekommen haben sollte, der kann sich sicher sein, dass ich, obwohl ich ungefähr 2/3 der Story nacherzählt habe, gar nicht zu den Absonderlichkeiten vorgedrungen bin, die diesen deutschen Kultfilm ausmachen. Da haben wir Weller und Kumpel Althof beim Prügeln, Weller und Althof beim Tanzen, Weller und Althof beim rummachen (also jeder mit einer eigenen Tussi) – allerdings müssen wir auf die Bettakrobatik von Weller und der Fiedler leider verzichten, da der Rene der Firma, die das da auf Film gemacht und veröffentlicht hat, durch seinen Anwalt vor Gericht ausrichten ließ, nein, das möchte er nicht mehr. Also keinen Boxer beim Bumsen, doch dafür präsentiert die nette Bea am Morgen danach ausgiebig ihre Vorzüge, während der René, ganz Gentleman halt, Frühstück macht.  Dem Film, eigentlich durchschnittliches Kiez-Kino, schwitzt die 80er aus jeder Pore. Die Klamotten, die Musik, der Fitness-Fetisch, das ist alles so toll, dass man gleich alles umarmen möchte und leise seufzt: Gott sei dank, diese Zeit ist nun schon lange vorbei.

Macho Man Peter und Jaqueline
… wie der andere.

Der Trash-Standort Deutschland

Der Film an sich ist so besonders gar nicht; er ist weder besonders gut, noch besonders schlecht. Er ist Trash, aber kein Hyper-Super-Wahnsinns-Trash ala DIE BRUT DES BÖSEN. Christian Anders und sein irrwitziger, weil ernst gemeinter Versuch, einen deutschen Karatefilm nach Hongkong-Vorbild zu schaffen, spielen wahrlich in einer ganz anderen, eigenen Liga. MACHO MAN ist ein Kiez-Film, wie es sie in Deutschland seit den 50ern immer mal wieder gab, und er lebt von dem Ort und der Zeit, und vor allem von den Leuten, denen es hier erkennbar diebische Freude macht, ihre Visage einfach mal in die Kamera zu halten. Das ist zwar scheiße, aber das ist echt, das ist sympathisch. Eindeutig eine gute Idee war es wohl, nahezu alle Akteure nachträglich zu synchronisieren, wodurch das Ganze nicht allzu stümperhaft rüberkommt. Das führt mitunter auch mal dazu, dass ein mutmaßlich locker 40-jähriger Rocker klingt wie ein piepsiger Schuljunge, aber so etwas macht doch gerade den Spaß an der Sache aus. Ein Höhepunkt des Films ist tatsächlich der Kampf zwischen Weller und Althof, der recht gut choreographiert ist. Der dramaturgische Kniff, damit sie das nicht bis zum bitteren durchziehen und einen Sieger (und damit auch einen Verlierer) ausmachen müssen, ist so hanebüchen wie unelegant. Ab hier, also für die letzten 20 Minuten, wenn sie der Drogenbande den Garaus machen, macht der Film nicht mehr ganz so viel Spaß. Es gibt eine eher peinliche Kneipen-Schlägerei und eine Entführung (ratet mal, wen).

Macho Man Peter und René
Alter, Mann, die Klamotten!

Nürnberger Prozess – Aus Flop wird Filmgeschichte

Mit den inzwischen fast 34 Jahren Abstand mutet das Filmchen wohl noch weit kurioser an, als es zu seiner Premiere der Fall war. René Weller durfte sich zu der Zeit tatsächlich Weltmeister nennen; zwar eines winzigen und im Weltsport vollkommen nichtigen Verbandes, aber immerhin. Mit der Prominenz von ihm und Peter Althof zog der Film, der nach Althofs Aussage größtenteils von seinem Vater finanziert worden war, seinerzeit nur etwas mehr als 9.000 zahlende Gäste in die Kinos. In den 2000ern wurde er hingegen jedes Jahr einmal Open Air in Nürnberg gezeigt. Alleine bei diesen Aufführungen werden ihn wohl mehr als 9.000 Leute gesehen haben. Der Film wurde so populär, dass die beiden Recken sogar in der Fortsetzung MACHO MAN 2 (die ich mir unbedingt mal besorgen muss) 2017 wieder auf Gangsterjagd durch Nürnbergs Unterwelt gehen. Dieses Mal jedoch als Mentoren jüngerer Nachfolger. Dann darf der alternde René Weller, der 1999 selbst für u.a. Kokainhandel einwanderte, wieder böse Jungs vermöbeln. MACHO MAN ist nicht wie ein guter Wein, der reift, eher ein ekliger Lambrusco, der zwar vergoren, aber nicht sauer geworden ist. Es kann sein, dass man ein wenig Kopfschmerzen hat, wenn er vorbei ist. Aber dafür war es zwischendrin schon verdammt lustig.

Schön ist auch, dass gleich im Vorspann jeder einzelne mit seinen Vorzügen vorgestellt wird…

Macho Man Rene Weller
Der schöne René kann super kleine Bälle kloppen…
Macho Man Peter Althof
… Althof beherrscht den eingesprungenen Dehnkick…
Macho Man Bea Fiedler
… Bea Fiedler hat keinen Doktor in angewandter Physik…
Macho Man Jaqueline Elber
… und Jaqueline Elber braucht kein 3 Wetter Taft, weil sie ihm Schatten steht.

Eigentlich brauchen wir bei diesem Film gar nicht von Wertungen reden, da er sich in einem dreistelligen Bereich bewegt, der ihn für diese Rubrick normalerweise nicht interessant macht. Doch das gehört hier nunmal dazu, also was soll’s. Erstaunlich ist, dass es mehr Stimmen auf der international, bzw. eigentlich englisch-sprachig geprägten IMDb gegeben hat als auf der deutschen OFDB. Aber ganz erwartungsgemäß schneidet er hierzulande weit besser ab. Deutschen Trash muss man halt zu würdigen wissen.

OFDB 5.82/10 [121 Stimmen] / IMDb 4.3/10 [266 Stimmen]

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