Hitman (2016): Second First Run

Wieso „Second First Run“?, werden sich vielleicht manche fragen. Nun, dazu muss ich ein wenig ausholen. HITMAN wurde 2016 ja in Episoden veröffentlicht – zuerst das Basisspiel mit dem Tutorial und der ersten Mission in Paris, dann nach und nach die anderen Schauplätze. Ich hatte mir auf Steam eben dieses Basisspiel gekauft, aber schnell links liegen lassen, weil mich das Tutorial zuerst nicht angesprochen hat. Später gab es das Spiel als Complete Edition als kostenloses Giveaway bei Epic Games, was ich natürlich gerne eingesackt habe. Vor zwei Monaten bin ich dann endlich mal dazu gekommen, dem Spiel eine zweite Chance einzuräumen, und ja, dieses Mal hat es Klick! gemacht. Ich habe die Missionen einmalig, also eben als First Run, innerhalb von anderthalb Wochen durchgespielt. Gut 24 Stunden hat dieser Durchgang netto gedauert.

Nun wollte ich mich an die freigeschaltete Bonus-Kampagne „Patient Zero“ machen, doch die war in der „Complete Edition“ nicht enthalten. Und hier kommen wir zu einem Ärgernis des Plattform-basierten Vertriebs. Es gibt nämlich keine Möglichkeit, auf Epic Games auf die „Game of the Year Edition“ upzugraden. Also hab ich mir auf Instant-Gaming für schmale 4,78 € eben diese für Steam besorgt. Also alles schön und gut, könnte man meinen. Und was HITMAN an sich betraf, war es das auch. Doch ich hatte mir schon vorgenommen, mir danach genauso HITMAN 2+3 vor die Brust zu nehmen. Diese waren als ganzes Spiel, also nicht episodisch, erhältlich, und ich hatte in den alten Tests bereits gelesen, dass die ersten beiden Teile in HITMAN 3 integriert werden konnten, wenn man diese schon in seinem Account hatte.

Dem ist aber jetzt nicht mehr so möglcih. Es wurde eine Edition namens HITMAN: WORLD OF ASSASSINS nachgeschoben, die alle drei Titel inklusive der GOYA-Inhalte des ersten Teils enthält. Ich hätte also gleich darauf umsteigen können (was mir aber erst später klar war). Aber da gibt es dann noch einen Haken: Man bekommt zwar die Bonus-Inhalte des ersten Teils, muss aber für die Bonus-Inhalte von Teil 2+3 nochmals einen Pass lösen, der für etwas mehr als 20 € erhältlich ist (und den man auch nicht auf günstigeren Plattformen, wie das in Hongkong beheimatete Instant-Gaming, erstehen kann). Das wären dann summasummarum gut 50 € für die komplette neue HITMAN Trilogie. Wenn man bedenkt, wie lange man sich damit beschäftigen kann, ist das wirklich vollkommen okay. Doch der Umstand, wenn man damals schon bei Erscheinen des ersten (und vielleicht dann des zweiten) Teils zugeschlagen hat, dann irgendwann festzustellen, dass man sowieso ALLES neu kaufen muss, ist schon ärgerlich. Dazu kommt noch, dass ich meine Spielstände von Epic nicht auf Steam emigrieren konnte, obwohl ich beide Spiel von Anfang an auf meinem IO Interactive Account registriert hatte. Aber das war dann auch zweitrangig, ich hatte mich schon damit abgefunden, nochmals komplett von vorne anfangen zu müssen. Aber gut, das war abschweifend genug, kommen wir zum Spiel…

Nachdem man für HITMAN: ABSOLUTION die Steuerung von Agent 47 überarbeitet hatte, wurden die besten Neuerungen darunter dann auch tatsächlich für das Reboot übernommen. Also geht die Bewegung durch die Level wieder locker von der Hand, überflüssiger Ballast, wie etwa die markierten Wege der NPCs und die Bullet-Time, hat man dafür gestrichen. Es geht jetzt wieder um das reine Auskundschaften und Abpassen von Möglichkeiten. Es macht dabei gar nichts, das sich die KI größtenteils als dumm wie Brot erweist. Wenn sie wirklich realistisch und intelligent agieren würden, wäre das Spiel schlicht und einfach unmöglich zu meistern. Für die Atmosphäre, das Spielgefühl, reicht es vollkommen, dass sie vor allem auf den ersten Blick den Anschein erweckt, natürlich zu reagieren. Die festgesteckten Routen und Routinen hat man dann schnell verinnerlicht, nur einige wenige Möglichkeiten zuzuschlagen sind vom Zeitpunkt in der Mission abhängig.

Das Tutorial lässt einen dabei tatsächlich nur erahnen, wie es ist, auf einer riesigen Karte Zugangspunkte auszumachen und sein Vorgehen taktisch zu planen. Und ja, die Missionskarten sind wahrhaft riesig, man kann schon im ersten Level in Paris einige Zeit damit verbringen vom hintersten Winkel des Kellers bis zum höchsten Punkt im Dachgeschoss zu gelangen. Man benötigt entweder einen sicheren Weg, Dietrich und Schlüssel und/oder die richtige Verkleidung, aber vor allem auch ein gutes Timing. Das ist schon unglaublich motivierend und zwar bis zu dem Punkt, dass man sich nach dem Abschluss des Auftrag schon Gedanken darüber, wie man noch ans Ziel hätte kommen können. Zumal das Game einen für die Erfüllung bestimmter Herausforderungen mit neuen Startpunkten, neuen Verkleidungen und neuen Waffen sowie Utensilien belohnt. Letztere kann man dann in jeder Mission, egal ob schon abgeschlossener oder neuer, einsetzen. Das motiviert ungemein, es doch nochmal zu versuchen, einen neuen Weg zu finden, um eine neue Herausforderung abzuschließen (die man einsehen kann, was ich aber eher zu vermeiden empfehle, soweit man sich nicht dazu durchgerungen hat, unbedingt alle abzuschließen).

Zielen und Schießen in der direkten Konfrontation erweisen sich wieder als nicht so einfach, was aber auch die Wahl erleichtert, dies lieber zu vermeiden. Es gibt aber auch viel zu viel zu entdecken, als dass es sich überhaupt lohnen würde, den harten Weg im direkten Feuergefecht zu suchen, gerade auch, weil dies fast immer in einer ausweglosen Situation mündet. Es gibt die Möglichkeit, solche Konfrontationen so zu lenken, als dass man die Gegner auf falsche Fährten lockt oder zwischenzeitlich in Sicherheit wiegt. Das erfordert dann aber auch viel Erfahrung und taktische Planung. Ich selbst bevorzuge sowieso den stillen, möglichst reibungslosen Ablauf einer Mission. Doch dafür muss man viel Zeit in die Erkundung und Vorbereitung stecken. Das Spiel nimmt einen zwar bis zu einem gewissen Grad an die Hand, aber die Abläufe muss man sich schon selbst einprägen und die Möglichkeiten darin erkennen. Selbst bei allen Hilfestellungen ist das noch lange kein Selbstläufer. Und das finde ich großartig, da es das Nachdenken im Spiel aktiv fördert, ohne den Spieler zu überfordern (man kann auch jedwede Hilfestellungen ausschalten, und in höheren Schwierigkeitsgraden wird es dann sowieso schwerer, da man schneller verdächtig wirkt, wenn man nicht seiner Verkleidung entsprechend in der Umgebung untertaucht).

Was war nun meine Lieblingsmission? Das ist schwer zu sagen, denn eigentlich hat jeder Auftrag seine eigenen Stärken und Highlights. Events, die sich aus dem Herumprobieren ergeben und einem noch Tage später beschäftigen. Schon Paris ist einfach überwältigend, was die Menschenmassen angeht, die Präsentation und diese Masse an Möglichkeiten. Sapienza ist dann noch weit komplexer mit dem Ausschnitt der Stadt am Meer mit der Kirche und der großen Villa mit ihrem unterirdischen Laboreinrichtungen. In Marokko wird es dann erstmals richtig kniffelig, jedenfalls empfand ich das so. Denn man braucht hier nicht nur taktische Planung, sondern an vielen Stellen einfach auch sehr gutes Timing, sonst sieht man sich fix einer Überzahl an schwerbewaffneten Soldaten gegenüber. Bangkok präsentiert sich optisch einfach umwerfend. Es macht so viel Spaß, das Hotel in verschiedenen Verkleidungen zu erkunden. Colorado ist da schon ein wenig straighter, doch dafür darf man hier auch gleich vier Ziele ausschalten. Anfangs dachte ich, das wäre die schwerste Mission, aber wenn man erstmal den Dreh raus hat, ist das Ganze gar nicht so schwer (man hat hier ja auch schon ein wenig Übung). Das Finale in Hokkaido beginnt man im ersten Anlauf ohne jedes Hilfsmittel, sodass hier erst einmal viel Rumprobieren angesagt ist. Tatsächlich würde ich sagen, dass dies die für mich schwächste Mission darstellte, da sie im Nachhinein auch nicht so schwer oder lang war.

Im zweiten Durchlauf habe ich für die fünf Missionen insgesamt 18 Stunden benötigt, also sechs Stunden weniger als beim ersten Mal. Ich wollte es mir zwar verkneifen, aber ich hab dann doch noch nach weiteren Möglichkeiten und abzuschließenden Herausforderungen gesucht. Ich wäre ansonsten sicherlich auch mit vier bis fünf Stunden weniger ausgekommen (wäre mein Gedächtnis noch auf dem Stand von vor zwanzig Jahren, hätte ich es sicherlich mit jeweils einen Versuch und in unter zehn Stunden geschafft). Auffälliger Unterschied zwischen der Version auf Epic und der auf Steam waren die zur Verfügung stehenden Waffen, die jeweils ein oder zwei exklusive Gegenstände aufboten (etwa eine explosive Ente bei Steam). Vielleicht war das der Grund für die Inkompitabilität der Spielstände, manchmal scheitert es eben schon an solchen Nebensächlichkeiten.

„Patient Zero“ habe ich dann im Anschluss gespielt, das sind nochmals vier Aufträge an bekannten Orten (man kann sogar die selben Events triggern, also hat man nur das Nötigste umprogrammiert). Die habe ich in weiteren zwei Stunden hinter mich gebracht. Hier wird man dann nicht mehr an die Hand genommen, sondern muss seinen Weg selbst finden. Das ist aber auch nicht allzu schwer, leider. Es gibt auch nichts hier freizuschalten, auch wenn man Herausforderungen abschließen kann. Mehr als eine nette Dreingabe ist die Bonus-Kampagne also nicht. Das schmälert aber das Vergnügen kaum, denn HITMAN 2016 ist in fast allen Belangen das Spiel, auf das man als HITMAN-Fan der ersten Stunde insgeheim schon lange gehofft hat. Es wurden hier Sachen implementiert, über die man sich früher mit Freunden hypothetisch („Wäre es nicht cool, wenn man…“) ausgetauscht hat.

Man sollte sich von dem scheinbar geringen Umfang nicht täuschen lassen, die Wiederspielbarkeit ist ungemein hoch und es steckt hier sicherlich genug Spielspaß für mehrere hundert (!) Stunden drin. Ich stehe halt nur wieder vor der unglücklichen Entscheidung, ob ich noch mehr Zeit in diesen ersten Teil investiere, Herausforderungen meistere und Gegenstände freischalte, die ich später eben nicht in HITMAN: WORLD OF ASSASSINS übertragen kann. Oder ob ich gleich das Geld investiere und mir eben dieses Komplettpaket anschaffe, um erst einmal bei HITMAN 2 einzusteigen. Oder vielleicht einen „Third First Run“ zu wagen. 😉

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