Obscure Shit No. 50: THE RETRIEVERS (1982)

50ter Eintrag in dieser Rubrik, endlich. Da braucht man eigentlich kein Fass aufmachen, denn so viele wollte ich eigentlich schon nach einem Jahr Blogging zusammenhaben (das hätte man dann meinetwegen feiern können). Aber trotzdem gibt es heute hier einen Film, den ich schon beachtlich und nur recht und billig für diese Rubrik und diesen Eintrag halte.

THE RETRIEVERS (R: Elliott Hong / USA, 1982)

Gleich zu Beginn werden wir Zeugen, wie ein Bad Ass Special Forces Kommando in eine Villa in der Pampa eindringt, die einer gut bewachten Festung gleicht. Mutmaßlich handelt es sich wohl um den Wohnsitz eines kolumbianischen Drogenbarons. Die Soldaten sind auf Zack und entledigen sich der Wachen mehr oder weniger effizient (es werden auch mal Lauge und Heckenschere zweckentfremdet), das Ziel ist der Herr des Hauses, der augenscheinlich den Geburtstag seiner kleinen Tochter feiert. Man treibt Gäste und Personal am Pool zusammen und betäubt die Zielperson. Doch dann tickt einer von ihnen aus und ballert Erwachsene wie Kinder nieder, und sein Kamerad Danny (Lenard Miller) ist drauf und dran, ihn an Ort und Stelle den Toten nachzuschicken.

Das ist gleich mal eine flotte erste Szene, die Milieu und Konflikt skizziert, jedoch schweift der Film jetzt ab und stellt uns erst einmal den Helden vor: Tom Cathral (Max Thayer) lässt sich im Hinterhof eines Motels für Dauergäste am Rande von Los Angeles zusammen mit seiner jungen Freundin Lisa (Patricia Monville) die Haut knusprig bräunen, da bekommt er Besuch von einem alten Kumpel. Der bietet dem Elektrotechniker einen Job bei der „Company“ an. Natürlich handelt es sich dabei um das Spezialkommando, THE RETRIEVERS genannt, vom Anfang, das einen fähigen Kabelverleger für Inlandseinsätze braucht. Der Film ist hier etwas schwammig, wie Tom zu seinem Kumpel und dem Staatsdienst steht, äußert er doch Bedenken, was das Einsatzgebiet bei dieser Truppe angeht. Jedenfalls wird ihm versichert, dass er eben nur mal ein paar Telefone anzapfen und Computer-Anlagen knacken soll. Allerdings muss bei seinem ersten Einsatz ein Putzmann sein Leben lassen, wovon er aber nichts bekommt.

Danny hat sich inzwischen von dem Laden distanziert und ein Buch über seine Erlebnisse geschrieben. Da Petzen allgemein nicht beliebt sind, darf Tom einer weiteren Extraktion beiwohnen, die gleich mal einer alten Haushälterin das Leben kostet. Danny ist nun in Gefangenschaft, aber das belastende Manuskript hat er bei seiner Frau/Freundin/Schwester/was-auch-immer Janice (Shawn Hoskins) gelassen, der man dann als nächstes auf den Leib rückt. Doch Tom kommen inzwischen Zweifel und vor allem Skrupel, da man die gute Frau bei der Gelegenheit auch mal aus der Welt schaffen möchte. Also fällt er seinen neuen Kameraden in den Rücken und flieht mit Janice und dem Mansukript. Handwerker Tom erweist sich dabei als brauchbarer Einzelkämpfer, und als Lisa von der Bande getötet wirde, nimmt er die Sache natürlich persönlich…

THE RETRIEVERS ist schon eine Schote für sich, eine Kuriosität in vielerlei Hinsicht. Zuerst einmal fand ich es schön, Max Thayer, der später auch bei KARATE TIGER 2 als kumpelhafter Waffenhändler ein sehr sympathisches Co-Starring neben Loren Avedon und Cynthia Rothrock inne hatte, hier mal in einer Hauptrolle zu sehen. Zwischen beiden Filmen liegen nur 5 Jahre, doch hier sieht er um einiges frischer aus; manche Jahre zählen halt doppelt. Aber das ist nur erfreulich und nicht kurios. Kommen wir zurück zum eigentlichen Thema.

Wir haben es hier, wie man unschwer herauslesen kann, mit einem Söldner-Actionfilm zu tun. Normalerweise orientiert sich amerikanisches Produktionskapital für so etwas nach Übersee, vorzugsweise Südostasien, etwa auf die Philippinen, da billig und mit personellen wie materiellen Ressourcen gesegnet. Doch mit Fernweh hatten es Elliott Hong und seine Mitstreiter wohl nicht so, also entstand der Streifen komplett vor der eigenen Haustür in Los Angeles. Deswegen bewegen wir uns zumeist in irgendwelchen brachliegenden Mietobjekten. Das Motel, in dem Tom und Lisa hausen, hab ich ja schon erwähnt, die Spezialeinheit etwa muss im Garten eines Ferienhauses trainieren, dazu kommen noch weitere billige Interieurs wie Wohnungen, Büros und am Ende noch eine Lagerhalle. Nur die Villa für die Einstiegsszene lässt ein wenig des Flairs aufkommen, der bestenfalls solchen Streifen zu eigen ist. Alles andere wirkt billig und austauschbar, aber auch irgendwie niedlich – der Kleinkrieg findet quasi um die Ecke statt.

Abgesehen von Max Thayer kann THE RETRIEVERS auch nicht gerade mit memorablem Schauspiel wuchern, die meisten Darsteller agieren hölzern und hinterlassen kaum Eindruck, auch die Kampf-Choreographie ist eher durchwachsen. Dies macht der Film dann aber durch seine überbordende Brutalität wieder wett. Wenn es darum geht, Leute abwechslungsreich und schön blutig über den Jordan zu schicken, kennt der Einfallsreichtum von Elliott Hong scheinbar keine Grenzen – da wird die Heckenschere an den Hals angesetzt, Frauen und Kinder über den Haufen geschossen, Gehirne splatterig aus dem Schädel gepustet und Kehlen mit zerbrochenen Flaschen aufgeschlitzt. Mich beschleicht dabei tatsächlich der Verdacht, dass Hong eigentlich einen Slasher drehen wollte, aber keinen Geldgeber dafür fand. Für billige 80s-Actionsploitation ist dieser Grad an Gewalt und diese Kreativität beim Töten jedenfalls eher untypisch. Aber was soll’s, man nimmt, was man kriegt, gerade hier.

Anfangs legt man dazu noch ein Tempo vor, das sich gewaschen hat. Die ersten gut 50 Minuten vergehen wie im Fluge, andauernd wird gekickt und geballert, verhauen und getötet, ich wurde da in dem Genre schon erheblich schlechter unterhalten. Und dann geschieht das Unfassbare: Tom kommt zu der Einsicht, dass die Truppe ihm und Janice klar über sind. Und da der ominöse Chef der „Company“ nicht gewillt ist, Danny, zu welchen Bedingungen auch immer, freizulassen, fassen die beiden einen naheliegenden Plan und wollen das Buch veröffentlichen. Da aber die „Company“ auch einen guten Draht zu den Zeitungen der Stadt hat, müssen sie erst einmal eine Verlegerin (die später dann auch ein paar Söldner-Ärsche kicken darf) davon überzeugen, ihnen zu helfen und dann auch noch Leute für den Druck des Schinkens rekrutieren. Freilich scheint Tom aber die Schlagkraft des Geheimkommandos überschätzt zu haben, denn als die Fraggles ausschwärmen, um sie an der Veröffentlichung des Enthüllungswerkes zu hindern, sehen sie gegen die vereinte Kraft der kleinen Druckbelegschaft und der Chefin nicht wirklich einen Stich, zumal sich ihre Truppenstärke, wohl auch aus Budgetgründen, als eher erbärmlich herausstellt. Lustig am Rande: Das Titellied wird von niemand geringerem als Katey „Peggy Bundy“ Sagal gesungen!

THE RETRIEVERS ist also von hoher Filmkunst oder aufwändiger Action soweit entfernt wie Deutschland vom Ende des Verbrennungsmotors, ist aber wenigstens mit einem charismatischen Max Thayer gesegnet, dazu gesellen sich Kills, die auch einem x-beliebigen Slasher sicherlich gut zu Gesicht gestanden hätten, und ein gediegenes Hinterhof-Ambiente, da mag man diesem minderbemittelten Action-Trasher einfach nicht böse sein, zumal das einem auch noch zackig serviert wird. Es ist kaum verwunderlich, dass der Film hier in Deutschland schon seit den guten alten Videotagen, in diesem Fall seit 1983, indiziert ist. Er lief davor sogar kurze Zeit unter dem Titel ZUM TÖTEN ABGERICHTET in den deutschen Kinos, ungeschnitten. Es gibt meines Wissens nur eine US-DVD, wahrscheinlich Bootleg und in Vollbild, aber er scheint irgendwo für den Verkauf an Streaminganbieter neu aufbereitet worden zu sein, denn es geistert tatsächlich eine HD-Version des neuen Rechteinhabers MultiCom, sogar im richtigen Bildformat, durchs Netz. Vielleicht kommen wir ja doch noch irgendwann in den Genuss einer ordentlichen Veröffentlichung dieser späten Grindhouse-Perle. Mich würde es jedenfalls freuen.

OFDb 6.78/10 [27 Stimmen] | IMDb 4.70/10 [92 Stimmen]

2 Antworten auf „Obscure Shit No. 50: THE RETRIEVERS (1982)

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