Obscure Shit No. 49: SUDDEN DEATH (1977)

Eddie Romero war nicht nur ein routinierten Handwerker, sondern hat in der Blütephase des philippinischen Exploitationfilms in den 60er- und 70er-Jahren auch die ein oder andere Perle hervorgebracht. Am im Folgendenen vorgestellten Action-Thriller kann man das geradezu beispielhaft festmachen.

SUDDEN DEATH (R: Eddie Romero / Philippinen, 1977)

Als Ed Neilson (Ken Metcalf) eines schönes Nachmittags gerade beim Barbecue mit seiner Familie verweilt, fällt ein fieses Killerkommando in seinem Garten ein, dass alles und jeden niederballert. Während seine Frau und die beiden kleinen Söhne – Romero macht hier schon keine Gefangenen und hält bei der Erschießung voll drauf – mausetot bleiben, überlebt Ed wie durch ein Wunder den feigen Anschlag. Er wendet sich danach an den undurchsichtigen Regierungsmann John Shaw (John Ashley, der hier immer eine Sonnenbrille auf der Nase hat), der ihm aber nicht viel Hoffnung auf Aufklärung des Verbrechens macht. Und in Wirklichkeit ist John mit Eds Arbeitgeber, einem Zucker-Exporteur, in unkoscheren Geschäften verbandelt, der gute Ed wird hier jetzt als Störfaktor gesehen. Dieser sucht danach den ehemaligen CIA-Agenten Duke Smith (Robert Conrad) auf, der ihm allerdings zuerst eine Abfuhr erteilt, was ihm von seiner Tochter böse Blicke einbringt. Doch Dukes einheimischen Kumpel Raoul (Eddie Garcia) schwant schon, dass das letzte Wort in der Sache noch nicht gesprochen ist und beordert dessen Partner Wyatt Spain (Felton Perry) zurück auf die Insel. Derweil wird Ed von seiner Firma in den Vorruhestand verabschiedet, als Abschiedsgeschenk ist sein Auto mit Sprengstoff präpariert. Posthum nimmt Duke den Auftrag nun doch an und startet mit Wyatt seine Ermittlungen, die ihn natürlich alsbald zu Eds Arbeitgeber führen. Das geht natürlich Shaw gegen den Strich, der auf Nummer Sicher gehen will und den berühmten Auftragsmörder Dominic Aldo (Don Stroud), einem alten Kollegen Dukes, herbestellt. Er soll den unliebsamen Schnüffler aus dem Weg räumen…

Man merkt schon, mit beschaulichem Inselleben hat Romero hier nicht viel am Hut (obwohl sich die Szenen mit Dukes Familie eben diesem widmen), SUDDEN DEATH ist ein straighter 70s-Thriller mit fatalistischem Einschlag. Das Drehbuch von Oscar Williams, der schon für das Skript zum ähnlich gutem CHICAGO POKER verantwortlich zeichnete, schließt mit dem frühen Tod von Ed und seiner Familie ein Happy End schon von vornherein aus, der Grundtenor des Films ist trotz der schönen Insel-Location eigentlich weitesgehend düster. Und gerade zum Ende hält er noch einen heftigen Nachschlag (in die Magengrube) bereit, der sich gewaschen hat – da blieb mir fast die Spucke weg, denn es geht um etwas, das mir nach dem Finale da gerade noch als loses Ende im Kopf rumschwirrte und dann… bähm!

Der Film kennt eigentlich nur eine Richtung, schlägt nicht viele Haken, die dann aber abrupt, anstatt langwieriger Ermittlungsarbeit positioniert er die Gegner und bereitet damit die unausweichliche Konfrontation vor. Ed und John sind letztlich nur der Umweg, den der Film wählt, um Duke und Aldo aufeinander zu hetzen. Letztlich werden auch nur die beiden Kontrahenten tiefergehend charakterisiert. Während Duke, als Agent (& Killer) im Ruhestand, hier seinen privaten Frieden mit Freunden und Familie gefunden hat, lebt Aldo ein Leben in Luxus an den Jet Set Hotspots der Welt. In einer Szene sagt dieser zu John, dass er sich als jemand, der aus der sozialen Unterschicht kommt, nun so ein Luxusleben verdient hat. Als der ihn dann fragt, ob er wisse, dass er sich damit nur etwas vormache, entgegegnet Aldo, sicher, das wäre aber nunmal eben eine sehr kostspielige, aber liebgewonnene Illusion. Die Motive und Fronten könnten also nicht klarer sein, doch wenn es um die Wahl der Mittel geht verschwimmen diese Unterschiede sehr schnell wieder, da auch Duke kaum zimperlich mit seinen Gegnern umspringt. Und so zahlt er den gedungenen Mördern das anfängliche Blutbad an Eds Familie Auge um Auge heim, bevor es dann zur finalen Konfrontation mit John und Aldo kommt.

Romero ist, wie gesagt, ein Routinier gewesen, er wusste, was das Kernstück von SUDDEN DEATH sein musste. Da aber die zentralen Figuren beide erst nach und nach in die Handlung einsteigen, drückt er bei den Szenen, die ihnen den Boden bereiten ziemlich aufs Tempo, ohne dass es jedoch gehetzt wirkt. Seine Filme zeichnen sich vor allem darin aus, dass er seine Figuren ernst nimmt, egal wie stereotyp oder dünn sie gezeichnet sein mögen. Und so verschafft er auch Ed noch ein paar starke Szenen, etwa wenn er schon kurz nach dem brutalen Mord an seiner Familie von seiner Firma mit einer Party (!) verabschiedet wird. Er nimmt sich genauso Zeit für Dukes Familie und Freunde. Wesentlicher Bestandteil des Films sind aber die Zwiegespräche innerhalb der Teams, also zwischen Aldo und John wie auch zwischen Duke und Wyatt, wobei er es versteht, hierdurch Spannung aufzubauen, den Zuschauer auf den Showdown heiß zu machen. Anflüge von Humor, etwa wenn Duke eine alte Flamme, die Betreiberin eines Bordells, besucht und sie auf der Suche nach einem freien Zimmer etwa auf einen Offizier treffen, der hinter verschlossener Tür gerade mit einem Schaf intim werden will, lockern das Geschehen kurzzeitig auf. Die (äußerst blutige) Action ist dann eher zweitrangig, sie fällt nicht besonders spektakulär aus, auch wenn sich Romero müht, indem bspw. Aldo den guten Raoul mit einer Handgranate vom Helikopter aus erledigen lässt. Das Finale ist dann eher kurz und knackig, es ist ja auch eher eine Entladung denn ein kunstvoll arrangierter Showdown. Ein Minus ist leider die Kameraführung, die so manche Einstellung durch unruhige Führung versaut, da hätte man sich einen besseren Operator gewünscht.

Die Besetzung ist für einen Film dieser Größenordnung wohl schon erstklassig. Der letztjährig verstorbene Robert Conrad (THE WILD WILD WEST) verkörpert keinen klassischen Helden, beweist Ecken und Kanten. Und Don Stroud (BLOODY MAMA) war damals immer unglaublich gut, beweist hier mit seinen an Überheblichkeit grenzenden Auftritt alleine mit seiner ruhigen Art, dass er mit wenigen Andeutungen auch einen derart oberflächlich wirkenden Charakter Facetten und damit Tiefe verleihen kann. Auf Seite der Bösen agieren noch Romero-Veteran John Ashley (wie gesagt, immer mit Sonnenbrille) und als weiterer Handlanger Larry Mannetti (MAGNUM), die beide lustigerweise die selbe Frisur wie Conrad auftragen. An dessen Seite stehen Felton Perry (OCP Entwicklungsleiter Johnson aus ROBOCOP 1-3), allerdings hat die Rolle nur Sidekick-Qualitäten, der Filipino-Veteran Eddie Garcia (663 Einträge in der IMDb!) und Robert Conrads Tochter Nancy, die hier auch, sehr sympathisch, seine Filmtochter gibt. Und wo auf den Philippinen amerikanisches Geld für Filme ausgegeben wurde, war natürlich auch Vic Diaz (THE BIG BIRD CAGE, FRAUEN IN KETTEN, RAW FORCE) nicht weit, er taucht in einer Mini-Rolle als Boxkampf-Ansager bei einem Straßenfest auf.

Alles in allem ist SUDDEN DEATH also ein wirklich geiler Streifen, mit einer einfachen, wie spannenden Story, gut aufgelegten Darstellern, einem Pacing, das den Streifen auf den Punkt genau zur Konfrontation bringt und genug Impact, um mitzureißen und am Ende auch Eindruck zu hinterlassen; dieses Ende, meine Fresse, was ein Hammer, ich sag’s euch. Das führt dann auch den Ausdruck „Sudden Death“, also eine Situation, in der eine Seite durch einen letzten entscheidenden Punkt das Spiel für sich entscheiden kann (der ganze Film ist nach Eds Tod ja sowieso so etwas wie eine Art Verlängerung; dem Toten bringt die Aufarbeitung seines Falles ja nun eh nichts mehr), auf den, ähem, Punkt. Auf Deutsch ist der Streifen auf VHS von Arcade erschienen, die jetzt nicht ganz billig, aber noch zu bekommen ist. Alternativ gibt es verschiedene US-DVDs, die den Film teils auch im Originalformat enthalten.

OFDb 7.75/10 [8 Stimmen] | IMDb 5.80/10 [123 Stimmen]

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