Obscure Shit No 24: Spezial-Quickie am Muttertag!

Der heutige Film dürften vielen Leuten nicht wirklich unbekannt sein. Er bildet in dieser Reihe eine Ausnahme, da ich ihn hier passend zum Muttertag 2019 hierin aufnehme. Es wird auch dieses Mal eine etwas kürzere Ausgabe, auch dem Umstand geschuldet, dass ich gleich selbst los muss, meine Mutter zu besuchen und mit Geschenken zu bedenken.

Muttertag Titel

Muttertag – Ein Alptraum aus Blut und Gewalt!

Der Film beginnt auf einer Veranstaltung namens E.G.O., einem Seminar zur Selbstfindung. Ein Hippiepärchen findet danach eine Mitfahrgelegenheit bei einer alten Dame (Beatrice Pons). Mitten im Nirgendwo streikt dann der Wagen, und Mütterchen steigt aus, um nach dem Motor zu schauen. Plötzlich tauchen ihre zwei Hinterwäldler-Söhne Ike (Frederick Coffin) und Addley (Michael McCleerly) auf, köpfen den Mann und fallen über die Frau her, sehr zur Freude ihrer Frau Mama. Schnitt.

Wir folgen nun den drei Freundinnen Abbey (Nancy Hendricksen), Jackie (Deborah Luce) und Trina (Tiana Pierce), die sich auf ihr jährliches Camping-Wochenende vorbereiten. Sie waren eng auf dem Collage, haben jetzt aber keine Zeit mehr füreinander, weswegen dieses Camping immer ein besonderes Ereignis ist. Sie haben sich dieses Mal ein abgelegenes Waldstück ausgesucht, das uns vom Anfang irgendwie bekannt vorkommt. Die Freundinnen liegen abends ums Lagerfeuer, kiffen und erzählen sich Geschichten, etwa wie sie Jackies damaligen Freund, den selbstverliebten Footballspieler Dobbie (Peter Fox), vorgeführt haben. Sie hat ihn damals zu einem Schäferstündchen auf das Footballfeld geführt. Als sie kurz verschwunden ist, machte er sich schon mal nackig, worauf die Frauen das Stadionlicht einschalteten und ihn über die Lautsprecheranlage verarschten.

Muttertag Screen 06

Am zweiten Abend liegen sie wieder ums Lagerfeuer, kiffen und erzählen sich Geschichten, als Ike und Addley die beschauliche Runde stören und sie in ihre Waldhütte entführen. Dort präsentieren sie stolz ihrer Mutter die Beute. Für Abbey, Jackie und Trina beginnt nun ein Martyrium aus Demütigungen, Misshandlungen und Folter durch die degenerierte, vaterlose Familie. Sie müssen Rollenspiele über sich ergehen lassen, werden gefesselt, geschlagen und in kleine Kisten gepfercht. Trina und Abbey können sich aber befreien und bereiten ihre Flucht vor. Jackie ist in einer üblen Verfassung und schafft es aus eigener Kraft nicht aus dem Haus. Sie wagen mit der verletzten Freundin die Flucht. Sie schaffen es in den Wald, wo Jackie ihren Verletzungen erliegt. Jetzt ist es den beiden verbliebenden Frauen genug, und sie rüsten sich, um zur Hütte zurückzukehren, wo sie sich an ihren Peinigern rächen…

Trailer

Muttertag Screen 01

Nimm mich, Babe, sei’s nur aus dem Verkehr!

Tatsächlich habe ich nun quasi die gesamte Plotte vorweggenommen. Ich gehe aber mal davon aus, dass die meisten diesen Film schon kennen werden, zumal der Storyverlauf derart archetypisch dem Backwood- wie auch Rape’n’Revenge-Genre entnommen ist, wie er auch heutzutage noch von gängigen Vertretern des Torture-Porn durchexerziert wird. MUTTERTAG war schon kurz nach seinem Erscheinen ein Liebling deutscher (wie auch britischer) Gerichte, und wurde, neben Titeln wie „Tanz der Teufel“ und „Zombie“, zum Sinnbild für die ach so bösen Gewaltvideos. Hingegen zu den anderen beiden Filmen ist MUTTERTAG jedoch selbst bis zum heutigen Tag in verschiedenen Veröffentlichungen beschlagnahmt und damit generell als Uncut-Fassung auf Liste B indiziert.

Er spaltete auch schon seinerzeit die Kritiker, je nachdem ob man die intendierte Satire auf den American Way of Life er- oder auch anerkannte. Kritiker-Papst Roger Ebert († 2013) gab dem Film Zero Stars, aber in Fankreisen gilt MUTTERTAG inzwischen als Kultfilm. Der Film wurde von der Trash-Schmiede Troma vertrieben – Regisseur Charles Kaufman ist der Bruder von Troma-Mitbegründer Lloyd Kaufman -, ist aber trotz gelegentlicher Geschmacksentgleisungen noch weiet von den Heulern entfernt, für die das Studio ab Mitte der 80er bekannt war. 2010 kam dann auch das Remake MOTHER’S DAY ins Kino, in dem Rebecca De Morney (Lockere Geschäfte, Die Hand der Wiege) die Rolle der sadisitischen Matriarchin übernahm.

Muttertag Screen 02

Krude Satire, deftige Sadismen und grobe Gore-Sudeleien

Nach dem blutigen Schock zu Beginn, der schon mehr Slasher-Elemente suggeriert, als der Film später zu bieten bereit ist, nimmt sich die Story erst einmal Zeit, um unsere drei Freundinnen näher zu beleuchten. Es werden hier schon einige Klischees aufs Korn genommen, wie der Künstlerfreund von Jackie, der sich von ihr aushalten lässt, oder die pflegebedürftige Mutter von Trina, die nur meckern kann – beide können die Freude der jungen Frauen eben nicht trüben, an diesen Wochenende mal etwas für sich tun zu können -, die für das Frauenbild der späten 70er, nämlich eigenständig, aber auch pflichtbewusst und willig, typisch waren.

Wenn sie dann der verkommenen Sippe in die Hände fallen, wird es schnell ungemütlich. Sie werden der Mutter vorgeführt, gefesselt, misshandelt und zu perversen Rollenspielen gezwungen. Dabei schwingt auch immer eine bitter-böse Ironie mit, wenn z.B. Jackie beim „Parkbank“-Spiel aus einer simulierten Alltagssituation heraus von den beiden Söhnen brutal vergewaltigt wird. Das Haus der Familie ist vollgestopft mit Postern, Actionfiguren und vor allem Verpackungsmüll verschiedenster Konsumgüter. Später, als die Frauen die Flucht ergreifen, verkleidet sich Ike dann als Polizist (inkl. Polizeiwagen), um die drei zu jagen. Wirklich explizite Effekt-Exzesse bleiben dabei aus, und die wenigen richtig blutigen Szenne sind meist eher billig getrickst.

Muttertag Screen 03

Manchmal zuviel, meist eher harmlos

Zu damaliger Zeit mag MUTTERTAG ziemlich krass angemutet haben, gerade was die deutschen Gerichte als Maßstab für akzeptable Härte im Film herangezogen haben mögen. Und auch wenn einige der Folter-Szenen und die ein oder andere Gore-Spitze sicherlich über das Ziel hinausschießen, gibt es heutzutage einige weit grausamere Filme, die sogar eine Jugendfreigabe erhalten haben, weswegen die fortbestehende Indizierung auf Listenteil B (strafrechtliche Relevanz) tatsächlich überholt scheint. Es ist ein stellenweise sehr lustiger, aber teils auch unappetitlicher Exploiter, der meist nahe an der Grenze zu unfreiwilliger Komik und Trash entlang schippert (die er dann mit dem unerwarteten Ende klar überschreitet).

Der Film wurde, wie bereits gesagt, als VHS von Constantin, die ihn in Deutschland vertrieben, schon Anfang der 80er beschlagnahmt. Über die Jahre folgten dieser noch weitere deutsche Auswertungen auf VHS und DVDs aus den USA. Inzwischen gibt es MUTTERTAG aus unseren liebsten Nachbarland Österreich (das ist jetzt eindeutig zweideutig zu verstehen, gelle) sogar auf Blu-ray, natürlich ungekürzt. Da diese Veröffentlichungen zwar nicht explizit beschlagnahmt wurden (bisher), aber wegen Inhaltsgleichheit automatisch als indiziert gelten, werde ich an dieser Stelle einen Teufel tun, namentlich darauf zu verweisen – wir leben im Internet-Zeitalter; wer ihn sucht, wird ihn finden. Aber was ich tun kann, ist euch ganz klar von den in den Grabbeltischen der Kaufhäuser und Flohmärkte ausliegenden Stümmelfassungen der Marke Best Entertainment etwa abzuraten, die ab 16 freigegeben wurden und nach einem wahren Schnittmassaker ganzer 13 Minuten entbehren.

Muttertag Screen 05

Obligatorisch noch die Verweise auf die Wertungen auf den beiden großen Filmportalen (es ist wie gesagt kein sehr unbekannter Streifen), und dann sei hiermit allen (guten) Müttern ein schöner und zur Ehre gereichender Muttertag gewünscht!

OFDB 6.50/10 [774 Stimmen] / IMDB 5.4/10 [3.936 Stimmen]

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