GUN WOMAN (Japan, 2014 / Regie: Kurando Mitsutake)
Ich muss zugeben, dass ich die japanischen Splatter-Actionfilme der 2000er, mit all ihren over-the-top Geschmodder, dem Ultra-Gore und Fetisch-Sex, bisher erfolgreich weiträumig umschifft hatte. Also, von Takashi Miikes berüchtigten ICHI THE KILLER mal abgesehen, auch wenn ich einfach mal kackfrech antizipiere, dass man den kaum als Maßstab nehmen kann, so ernst, wie er sich nimmt. GUN WOMAN stellt für mich also eine Art Annäherung an diese Filme, die als Japanese Gore Movies inzwischen ihr eigenes Subgenre bilden, dar. Nur eine Annäherung deshalb, weil Mitsutakes Filme dem Vernehmen nach in Anlehnung an die westlichen Actionfilme der 1980er-Jahre nicht wirklich zum harten Kern dieses blutrünstigen Trends gehören, auch wenn Hauptdarstellerin Asami zu deren Galleonsfiguren zählt.
Die Plotte ist denkbar dünn, Mitsutake begnügt sich mit einer Abwandlung der bekannten NIKITA-Prämisse, also zumindest mit der ersten Hälfte davon. Ein namensloser Doktor (Kairi Narita) „kauft“ sich eine drogensüchtige Prostituierte (Asami), die er zur perfekten Killerin ausbildet. Sie soll nämlich als ausführendes Organ für ihn Rache ausüben. Das Ziel ist ein Milliardärssohn (Noriaki Kamata) mit speziellen sexuellen Vorlieben, die vornehmlich mit Gewalt, Vergewaltigung und Mord zu tun haben. Der hat vor einiger Zeit die Lieben des Doc vor dessen Augen penetriert und eliminiert. Doch der böse Rape-Mörder wird immerzu von Bodyguards abgeschirmt, welche auch noch Chip-codierte Waffen bei sich tragen, die nur von ihrem Besitzer abgefeuert werden können. Außerdem verhindern Scanner, dass Waffen in das Penthouse eingeschmuggelt werden können. Der Clou an der Sache ist jetzt, dass der Killerin nun vom Doc Waffenteile unter die Haut operiert werden, die sie sich vor Ort wieder herausschneiden muss. Da sie nach einer gewissen Zeit danach aber verbluten würde, wird die ganze Unternehmung schon fast zu einer Selbstmord-Mission, bei der sich Asami irgendwann nackt und voller Blut durch die netterweise schon mit Plane ausgelegten Räume bis zu ihrem Ziel vorkämpfen muss.

Da das Objekt seiner Wahl schon anfangs eher kratzbürstig aufgelegt ist und erst zum Training gezwungen werden muss, ist auch kaum davon auszugehen, dass sie sich am Ende unbedingt freiwillig und selbstbestimmt ihrer Mission hingibt. Also verwendet Mitsutake eine Menge Zeit darauf, uns zu zeigen, wie der gute Doktor sein angehendes Killer-Püppchen bricht. Dazu führt dieser zumeist andere Frauen vor, bevorzugt kaukasisch, blond und natürlich nackt, an denen er Asami demonstriert, welches Schicksal sie erwartet, sollte sie sich nicht seinen Anweisungen fügen. Dass die Sterblichkeitsrate seiner Beispiel-Objekte bei ungefähr genau 100 % liegt, brauche ich eigentlich nicht noch explizit erwähnen, oder? Der ausgespielte Sadismus dieser Szenen erstaunt nicht ob besonders effektiven Blutgesuppes, sondern weil es alles so beiläufig geschieht. Der Doktor wird als Herr über Leben und Tod dieser Frauen inszeniert, allerdings hab ich den Eindruck, dass dieser Charakter das mit männlichen Zeitgenossen genauso handhaben würde, doch der Sinn des Films besteht halt nur sichtlich darin, ein Publikum zu stimulieren, dass eher auf nackte Frauenkörper, gerne auch mal erniedrigt und blutend, zum Abschuss kommt.

Sowieso könnte man GUN WOMAN auch gut in die Sexploitation-Ecke stellen. Neben den Szenen bei der „Ausbildung“ gibt es auch den Bad Guy dabei zu bewundern, wie er sich an diversen Frauen vergeht, was dann ganz eindeutig in den Softcore-Bereich mit Fetisch-Erweiterung reinragt. Die finale Ausführung des Auftrags bietet dann reichlich Asami, die im Fortlauf ihres Vordringens gen Oberboss, ähm, Vergewaltiger-Milliardärssohn, sich immer nackiger und, dem „Auspacken“ der Waffe verschuldet, immer blutiger durch den Wall aus Bodyguards vorankämpft. Dem kann man eine gewisse, surreale Ästhetik nicht absprechen, gerade auch weil Mitsutakes Schnitt und Kameraführung gerne schräge Perspektiven wählt, auf Zeitlupen und Unschärfen zurückgreift, und vor allem immer schön nah an seinem Star dranbleibt. Die gern kolportierte Aussage, dass Genre-Star Asami schon immer gerne mal eine Action-Szene nackt drehen wollte, halte ich für zugkräftiges Marketing-Geschwafel, wahrscheinlich von ihr selbst lanciert. Sie weiß halt, was ihre Fans wollen. Und sie ist unbestreitbar souverän in ihrer dann doch eher undankbaren Rolle, die einiges an Körperkontakt beinhaltet. Sie ist kein Martial Artist, das sieht man gleich, aber durchaus in der Lage, sich so zu bewegen, dass es nicht ungelenk wirkt. Meistens räkelt sie sich eher auf dem Boden oder quasi am Gegner klebend.

Kurando Mitsutake ist sich der Defizite seines Films wohl ganz sicher bewusst. Ihm fehlt es eigentlich an Budget, Darstellern und auch einer guten Geschichte, um einen abendfüllenden Spielfilm zu bestreiten. Doch er macht es mit Enthusiasmus und massiven Fan-Service wieder wett. Um überhaupt auf annähernd 90 Minuten zu kommen, verpackt er die ganze Chose noch in eine Rahmenhandlung um einige Killer, die gerade durch die Wüste Nevadas gurken, während einer von ihnen diese vermeintliche Räuberpistole zum besten gibt. Es lässt sich unschwer erraten, dass sie am Ende noch davon eingeholt werden. Es ist letztlich schon erstaunlich, wie unterhaltsam der Film sein kann, wenn man sich nur nicht an schlechten Effekten, bescheuerten Dialogen und chargierenden Darstellern stört. Und natürlich darf man nicht zimperlich sein, wenn es um Gore, Nudity und Fetisch geht. Tatsächlich empfand ich GUN WOMAN noch als vergleichsweise zahm, was auch daran liegt, dass der Film, hingegen zu anderen japanischen Filmen, wie z.B. der alten TOKUGAWA-Schinken, trotz allem keinen besonders expliziten Frauenhass an den Tag legt. Davon ab orientiert sich Mitsatsuke sehr offensichtlich an dtv-Actionkloppern der 80er und 90er, all den Filmen mit Leuten wie Michael Dudikoff, Don The Dragon Wilson oder Cynthia Rothrock. Ich werde am Wochenende hier wohl auch noch ein paar Worte zum nachfolgenden KARATE KILL ablassen, und vielleicht auch zu dem älteren LONE WOLF: SAMURAI AVENGER. Zu diesem billigen Exploiter bleibt abschließend nur zu sagen, dass er alles ist, nur nicht langweilig. Und mehr habe ich bis hierhin auch nicht von ihm erwartet.
Ach ja, das deutschsprachige Release (miese Synchro, damit aber nicht unpassend) kommt im Mediabook von 8-Films aus Österreich, ist ungeschnitten und bisher nicht indiziert.
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